Bericht vom 20. TSW Transport vom 02.10.97 - 06.10.97

 
   
  Slavonski Brod  
   
  Gegen 23.30 Uhr verließen wir mit etwa 100 Tonnen Hilfsgütern (Grundnahrungsmitteln, Installationsbedarf, Fensterscheiben, Matratzen, Öfen ...) gemeinsam mit den Fahrzeugen aus Ingolstadt unseren Treffpunkt, die Raststation Holzkirchen. An der Salzburger Grenze erwarteten uns die ersten Schwierigkeiten, da uns die bayerische Polizei auf den völlig zugeparkten Zollhof lotste, ohne unsere Ausnahmegenehmigungen für die Fahrt durch Österreich zu beachten. So hatten wir schon hier unseren ersten Aufenthalt. An der österreichisch- slowenischen Grenze war eine Menge Betrieb, so dass auch hier längere Wartezeiten anfielen. Erst spät am Abend des Donnerstags erreichten wir so die slowenisch- kroatische Grenze, an der wir diesmal nur relativ kurz warten mussten (Der kroatische Veterinärmediziner kam sogar eigens für uns nochmals an die Grenze, obwohl er bereits Dienstschluss gehabt hatte). Wir erreichten Slavonski Brod spät am Donnerstag Abend und begannen damit, die Fahrzeuge in eine große Lagerhalle in Slavonski abzuladen, da manche Lkw schon in der Nacht (bzw. am nächsten Morgen) wieder die Heimfahrt antreten wollten. Am Freitag Nachmittag besuchten wir die provisorisch reparierte Brücke von Slavonski Brod über die Save nach Bosanski Brod. Diese ist noch nicht für den zivilen Verkehr freigegeben, nur Einheiten der IFOR und Inhaber von Genehmigungen der kroatischen Polizei dürfen sie passieren. Die Brücke wird von der IFOR lediglich bewacht und instandgehalten. Von den IFOR Soldaten auf der Brücke erfuhren wir von zeitweisen Schüssen in Bosanski Brod, sonst sei der Besuch der anderen ehemaligen Stadthälfte für uns durchaus möglich, wenn man die offene Brücke in Brcko benutzt. Nach dem Besuch bei der Brücke erkundigten wir uns über die Lagerhalle und die Verteilmodalitäten der Hilfsgüter, die wir das erste Mal brachten (Fenster, Warmwasserboiler...). Am Abend besuchten wir Flüchtlingsfamilien, um uns ein Bild über die derzeitige Lage und die Bedürfnisse angesichts des kommenden Winters zu machen. Ein großes Problem für die über 20000 Flüchtlinge in der Stadt sind die hohen Preise für Holz und Elektrizität. Die Unterkünfte, oft nur aus dünnen Holzwänden erbaut, sind zudem schwerer zu beheizen und warmzuhalten als festgebaute Häuser, hinzu kommen teilweise unversorgte Krankheiten und mangelnde vitaminreiche Nahrung der Bewohner. Am Samstag fuhren wir über die bosnische Grenze nach Odzak, einer Stadt, die weitgehend zerstört wurde. In dieser Stadt und auch der ganzen Region sind die Häuser ohne Fensterscheiben, ohne Türen, die Dachstühle sind verheizt oder zerstört, meist stehen nur noch die Mauern, manchmal nicht mal diese mehr. Kurz nach der †berfahrt über die Save besuchten wir ein Haus, dass von Zdravko (dem Pfarrer, der für uns auch die Verteilung der Hilfsgüter organisiert) und Helfern zur Schule für die Kinder der noch in der Region lebenden und dorthin zurückkehrenden Bosniern ausgebaut werden soll. In Odzak selbst sahen wir eine völlig zerstörte Moschee, die der noch nebenan wohnende Iman wieder aufbauen will. Danach waren wir bei einer frisch instandgesetzten katholischen Kirche. Unser Eindruck war, dass es sehr schwierig sein wird, diese ehemals fruchtbare Region wieder zu besiedeln und aufzubauen, momentan stehen die Menschen, die dorthin zurückkehren, vor dem Nichts. Abends hatten wir Gelegenheit, mit einer Abordnung der IFOR zu reden, die uns versprachen, sich nach zukünftigen Lagermöglichkeiten für unsere Hilfsgüter umzusehen und die sich sehr pessimistisch über die weitere politische Entwicklung äußerten. Nach ihrer Ansicht wird es wieder zu Krieg in dieser Region kommen. Sie schilderten einige Fälle, in denen zurückgekehrten Bosniern, die ihr Haus wieder notdürftig aufgebaut hatten, dieses wiederum zerstört wurde. Wahrscheinlich wird die IFOR ihre Truppenstärke im kommenden März auf 5000 Mann reduzieren, da die jetzige Präsenz zur Zeit nicht notwendig erscheint. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurden unsere vor dem Omladinski Evandeoski Centar geparkten Fahrzeuge beschädigt, die Polizei nahm die Schäden zwar auf, es ist jedoch unklar, wer die Täter waren. Sonntag vormittag brachten wir einen Teil unserer Hilfsgüter zu einem Kinderheim in Slavonski Brod, in dem zur Zeit 62 Kinder jeder Herkunft und Religionszugehörigkeit versorgt werden. Die Rückfahrt sowie die Grenzübergänge verliefen problemlos, wir kamen in der Nacht zum Montag gegen 1.00 Uhr alle wohlbehalten in München an.